17. Februar 2015

(*gelesen*) Winterfeldtstraße 2. Stock


 

\\ Winterfeldtstraße 2. Stock \\ Johanna Friedrich \\ 414 Seiten \\ Gebunden \\ Marion von Schroeder \\ Belletristik - Historischer Roman \\ 2014 \\


Berlin, Juni 1923. Charlotte Berglas ist im fünften Monat schwanger, als man ihren Mann Albert tot aus dem Landwehrkanal zieht. Es muss ein Unfall gewesen sein, davon ist sie überzeugt. Niemals hätte er sie in diesen Zeiten der Not alleingelassen. Im Zuge der Inflation haben die Berglas ihr komplettes Vermögen verloren. Da Geld nichts mehr wert ist und Charlotte hochschwanger nicht arbeiten kann, beginnt die junge Frau, Zimmer ihrer Wohnung in der Winterfeldtstraße zu vermieten. Eine ungewöhnliche Gemeinschaft entsteht, die den Wirren der Zeit entschlossen und ideenreich standhält. Mittendrin kämpft Charlotte - für sich selbst und für die Zukunft ihrer kleinen Tochter Alice.

Dieses Buch war einer meiner Errungenschaften beim weihnachtlichen Büchershoppen und aufmerksam geworden bin ich auf dieses Buch - wie so oft - durch das Cover. Ich glaube, dass ich insgeheim ein kleines Faible für Geschichten der 20-iger/ 30-iger Jahre habe und so stand schnell für mich fest, dass dieses Buch gekauft werden musste.

Die Geschichte spielt im Berlin der 1920-iger Jahre und beginnt  mit dem Verlust von Albert, Charlottes Ehemann. Charlotte ist nach dem Tod ihres geliebten Mannes am Boden zerstört. Da sie schwanger ist, bleibt ihr nicht viel Zeit zum Trauern. Sie muss sich Gedanken um ihre Zukunft und die ihres Babys machen und sich um ein Einkommen kümmern. Ihr Bruder, ein kleiner Ganove, dem sie immer wieder aus der Patsche helfen muss, bringt sie auf die Idee, die Zimmer ihrer Wohnung zu vermieten. Auch wenn ihr dies anfangs schwer fällt, überzeugt sie diese Idee und sie stimmt zu. Nach und nach werden die zur Verfügung stehenden Zimmer vermietet und es entsteht eine ungewöhnliche Wohngemeinschaft mit Menschen, die kaum unterschiedlicher sein könnten und sich im Laufe der Geschichte dennoch fast zu einer Familie zusammenraufen. Die sich zuspitzende politische Situation, Erfolg und Misserfolg einzelner Personen und zwischenmenschliche Probleme in der WG gehen nicht spurlos an den Menschen vorbei.

Der ruhige und angenehem dahin plätschernde Schreibstil des Buches hat es mir wirklich unheimlich einfach gemacht, mich auf den ersten Seiten schnell in die Geschichte einzufinden. Durch recht genaue und detaillierte Umschreibungen der Umstände und Geschehnisse, die gerade anfangs (und besonders in Bezug auf die historische Situation) sehr interessant und auch hilfreich sind, helfen dabei, sich nicht nur ein Bild der Charaktere zu verschaffen, sondern auch, um sich ein Bild der damaligen Situation zu machen. Dennoch kam für mein Empfinden im zweiten Drittel die Geschichte leicht ins Stocken. Zwar passieren einige Dinge und es kommt zu keinem wirklichen Stillstand der Handlung, aber irgendwie dümpelte alles vor sich hin und es gab erst mal keine wesentliche Entwicklung der Charaktere oder der Handlung. In dieser Phase kam ich lesetechnisch nur langsam voran und ich war erstmal leicht enttäuscht über das das Buch .
Glücklicherweise kam die Geschichte auf den letzten ca. 200 Seiten wieder ins Rollen und es hat mir wieder unheimlich Spaß gemacht weiterzulesen. Die Handlungen um die Protagonisten wurden wesentlicher aktiver und die einzelnen Charaktere haben sich in diesem Teil des Buches endlich entwickeln können, sei es, dass Charlotte endlicht den Mut hat ihr Leben in die Hand zu nehmen und etwas zu wagen. Auch der Lange bekennt endlich Farbe - Charlotte gegenüber und auch hinsichtlich seiner politischen Gesinnung; und selbst Theo muss zu sich selbst bekennen und eine Lüge aus dem Weg räumen. 


Insgesamt gebe ich diesem Roman drei Leseeulen. Das Buch hat mir gefallen, auch wenn zwischendurch die Handlung nicht so recht vorankam. Trotzdem spiegelt dieses Buch sehr realistisch die damalige politische, sehr komplizierte Situation wieder und mischt diese nicht nur mit einer zarten Liebesgeschichte, sondern zeigt ebenfalls auf, wie wichtig Freundschaft und Zusammenhalt sind (gerade in schlechten Zeiten), egal wie verschieden die Menschen und Charaktere sind.


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