25. Februar 2013

(*rezension*) Paradiessucher

(*rezension*)Paradiessucher

Nachdem ich in der vergangenen Woche bereits "Wen küss ich und wenn ja, wie viele" von Mara Andeck für die Lovelybooks-Aktion "Debütautoren 2013" gelesen habe, stand diese Woche ebenfalls im Zeichen dieser Aktion. Den Titel, den ich mir ausgesucht habe, ist "Paradiessucher" von Rena Dumont. 




Autorin: Rena Dumont
Homepage der  Autorin: www.renadumont.de

Flexibler Einband: 304 Seiten

Verlag: Hanser Verlag, 1. Auflage (28. Januar 2013)
Homepage des Verlages: www.hanser-literaturverlage.de

Sprache: Deutsch

Genre: Kinder- und Jugendbuch

Preis: 14,90 EUR (D), 15,40 EUR (A), 21,90 sFR



        - - > Leseprobe < - - 



(Klappentext)

Die siebzehnjährige Lenka träumt schon lange davon, mit ihrer Mutter in den Westen zu gehen. Sie hat genug vom bornierten Leben in der böhmischen Kleinstadt, sie möchte Schauspielerin werden, West-Jeans tragen und sich endlich nicht mehr wegducken müssen. 
Doch wie schwer so eine Entscheidung ist, merkt man erst, wenn es ernst wird: die Heimat, alle Freunde und Verwandten zurückzulassen. Die Erinnerungsstücke. Und Pavel, die erste Liebe. Das fremde Land macht es einem auch nicht leicht. Das soll es also sein, das langersehnte Paradies?
Eins steht fest: Zurück können sie nicht. Und langsam gewöhnen sie sich an die verrückte Welt des Asylbewerberheims. An deutsche Zungenbrecher wie >>Landratsamt<< und >>Beamtensesselfurzer<<. Und an die Menschen in ihrem neuen Leben.
"Jetzt ziehst du wieder den Schwanz ein. Erinnere dich an die Schikanen deiner Vorgesetzten. Wie diese opportunistischen Arschlöcher mich nicht auf das >großartige Prager Konversatorium< gelassen haben, wie erniedrigend das war, wie wir geheult haben.

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Wir dürfen nie etwas sagen, wir halten das Leben lang die Schnauze."

Rena Dumont wurde 1969 im tschechischen Prostejov geboren. Nach zwei misslungenen Versuchen einen Studienplatz am dortigen Schauspielkonversatorim zu bekommen, flüchtet sie im Alter von 17 Jahren zusammen mit ihrer Mutter nach Deutschland. Beide verbringen die erste Monate in einem Asylantenheim bis sie später nach München gehen. Nach vier Jahren in der bayrischen Hauptstadt und trotz sprachlicher Defizite erhält Rena Dumont einen Studienplatz an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover und schließt dieses mit Diplom ab. Inzwischen besitzt sie zahlreichen Theater- und Filmerfahrung. Ebenfalls schreibt sie Drehbücher und Kurzgeschichten. Am 28. Januar dieses Jahr erschien im Hanser Verlag ihr teils autobiografisches Erstlingswert "Paradiessucher", das ebenfalls im März auf der Leipziger Buchmesse präsentiert wird. (Quelle: www.renadumont.de)

"Paradiessucher" erzählt die Geschichte von  der alleinerziehenden Mutter Nadja und ihrer siebzehnjährigen Tochter Lenka, die in der damaligen Tschechoslowakei leben und dem starren Leben des damaligen herrschenden Systems überdrüssig sind. Hinzukommt, dass Lenka sich nichts sehnlicher wünscht als Schauspielerin zu werden, sie aber bei der Aufnahmeprüfung am Prager Konversatorium aufgrund der Präsentation eines Werks eines amerikanischen Künstlers scheitert und ihr ebenso Beziehungen zur bzw. Empfehlungen der Partei fehlen. Als völlig unerwartet für beide ein Visum für einen zweiwöchigen Aufenthalt in Deutschland in Haus flattert, steht für Lenka vollkommen außer Frage, was zu tun ist. Auf ins Paradies! Auch wenn es bedeutet, sich von seiner ersten Liebe zu trennen, sich von seiner Familie möglicherweise für immer zu verabschieden...Aber ist das die richtige Entscheidung? In Deutschland erwartet beide eine nervenaufreibende Zeit, mit vielen Ängsten und Zweifeln.

Rena Dumont schreibt in ihrem Erstlingswerk sehr offen, direkt und völlig unverblümt ihre teils autobiografische Geschichte. Aufgefallen ist mir, dass die beiden Hauptcharaktere in manchen Momenten ihre Rolle vertauschen. Oftmals ist die Mutter so aufgeregt, total nervös, ängstlich und unsicher ("Wo ist er hin?", flüstere ich, als sich meine Mutter nach einer Weile neben mich ins Bett legt. "Wer?" "Dein Mut."), während Lenka geradezu von Stärke, Selbstbewusstsein und Überzeugung strotzt und somit ihre Mutter in manch wichtigen und entscheidenden Momenten mitzieht. Für eine 17-Jährige fand ich das mitunter sehr beeindruckend, manchmal fast schon ein wenig unglaubwürdig bzw. ich war doch sehr verwundert. Hat man mit 17 schon so eine starke, gefestigte Persönlichkeit ("Mami, wenn du nicht gehen willst, dann gehe ich allein...") und kann man in einigen Momenten mit 17 auch schon so >abgeklärt< sein? ("Marian und ich haben kein Bett, in dem wir miteinander schlafen können. In unserem Zimmer hält sich meistens meine Mutter auf, in seinem vier Albaner, drei Jugoslawen und ein Slowake...Manchmal tun wir es einfach nachts auf seinem Hochbett...") Nichtsdestotrotz besitzt Lenka einen wirklich starken Charakter. Eindrucksvoll nimmt sie Dinge selbst in die Hand und erhält beispielsweise die Genehmigung zum Schulbesuch um Deutsch lernen zu können.

Insgesamt macht das Buch auch vom Schreibstil her einen guten Eindruck. Es ist in viele kürzere Kapitel aufgeteilt, sehr flüssig geschrieben und leicht zu lesen. Die Gedanken und Gefühle von Lenka sind sehr gut beschrieben und man kann sich somit als Leser sehr gut in ihre Lage versetzen.

Mir hat das Buch gut gefallen; allein schon deshalb, weil ich meine ersten Kindheitsjahre noch zu DDR-Zeiten erlebt habe und ich mich an viele Dinge erinnere bzw. nachvollziehen kann, z. B. das über Politik nur - wenn überhaupt - im Flüsterton geredet wurde und man trotzdem Angst hatte, dass das Gesagte nach außen getragen werden könnte. Sicherlich gibt es unzählige gleiche oder ähnliche Geschichten der Flucht und der Zeit des Asylantenheims, aber ich meine, dass jede dieser Geschichten es wert ist, erzählt zu werden, denn diese Geschichten berühren nicht nur, sie sind oftmals auch sehr traurig und schockierend, aber gleichzeitig auch Zeugnis von unglaublichem Mut, sich einer derart ungewissen Zukunft zu stellen. Ich kann dieses Buch auf alle empfehlen; an diejenigen, die sich für diese Zeit der Geschichte sowie deren Schicksale interessieren, aber auch denen, die damit kaum in Berührung gekommen sind, weil diese Geschichten zeigen, wie viel Mut viele Menschen aufbringen mussten, um einen solchen Schritt zu wagen und dass da so sehnlich herbeigesehnte Paradies ein durchaus sehr dehnbarer Begriff sein kann.



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